5.1 Grenzen setzen

Grenzen setzen


Eine Grenze ist eine wirkliche oder gedachte Linie, die Dinge voneinander trennt. Sie bewirkt, dass eine Sache endet und eine andere beginnt. Eine Grenze ermöglicht also eine Unterscheidung von zwei oder mehr Dingen.

Wo eine individuelle Grenze verläuft, hängt von den Werten, Überzeugungen oder Einstellungen der jeweiligen Person ab. Ebenso beeinflussen Prägungen, Vorbilder, Vorerfahrungen, Erlebnisse und die eigene Entwicklung die persönlichen Grenzen. Nehmen Sie deshalb Äußerungen zu Ihren eigenen Grenzen nicht persönlich, denn es bedeutet lediglich, dass Ihr Gegenüber andere Einstellungen und Werte besitzt als Sie. Grenzen von anderen besitzen somit auch eine Geschichte, genau wie Ihre. Seien Sie vorsichtig mit der Verurteilung oder Abwertung von fremden Grenzen.

Soziale Gruppen wie Familie, Freunde, Ehe, Vereine usw. sind durch Grenzen gekennzeichnet. Soziale Normen in den Gruppen engen ein und wirken auf die Bewegungsfreiheit, das Verhalten, das Denken oder die Sprache der Mitglieder – zumindest, wenn die Grenzen Verhaltensregeln vorgeben, wie „Das tut man nicht“. Definieren und kennzeichnen die Grenzen die Gemeinschaft, wie „unsere Familie“, engen sie nicht ein. Schauen Sie sich die Gruppen an, denen Sie angehören: Welche Art Grenzen erkennen Sie und inwiefern möchten Sie diesen folgen?

Erst wenn bekannt ist, wo eine gesellschaftliche oder persönliche Grenze verläuft, und wenn es einem freigestellt ist, diese Grenze einzuhalten oder zu übertreten, stellt sich ein Gefühl von Freiheit ein. Ziehen Sie Ihre eigenen persönlichen Grenzen so, dass sie Distanz und Respekt fördern, aber Nähe zulassen – und Sie sich mit ihnen wohlfühlen. Passen Sie auf, dass Sie Ihre Entfaltungsmöglichkeiten nicht einengen. Deshalb gilt: maximale Freiheit und notwendige Grenzen. Damit Ihre gesetzten Grenzen Sie nicht Ihrer Freiheit berauben, schauen Sie, dass Sie Grenzen nur setzen, wo sie notwendig sind.

Grenzen dienen dem eigenen Schutz: vor Überforderung, Übervorteilung, Enttäuschungen, Schmerzen. Sie zeigen Ihnen, wo der andere endet und Sie selbst beginnen. Ebenso zeigen Ihnen Ihre Grenzen, bis wohin Sie für sich verantwortlich sind und dass Sie diese Verantwortung nicht abgeben sollten. Demnach sind Grenzen die Grundlage für Autonomie und Selbstbestimmung.

Eigene Grenzen helfen Ihnen, eigene Fähigkeiten wahrzunehmen und Grenzüberschreitungen anderer zu erkennen. Ziehen Sie Grenzen und nehmen Sie sich als Ganzes wahr. Ein Ball ist ein Ball, solange er eine Oberfläche hat, die ihn vom Umfeld abgrenzt. Ohne Abgrenzung wäre ein Ball kein Ball, sondern Luft bzw. nichts Wahrnehmbares. Ebenso sind Sie als Ganzes begrenzt und gehen nicht fließend in andere über, Sie sind ein Individuum. Zeigen Sie das!

Bezugspersonen sind dafür verantwortlich, dass ein Kind lernt, seine eigenen Grenzen zu erkennen und zu setzen, Grenzen anderer zu respektieren, Grenzüberschreitungen zu identifizieren und mit ihnen umzugehen. Wer das als Kind nicht lernte, kann und muss diese Lektionen als Erwachsener bzw. Erwachsene nachholen.

Aufgabe

Dies ist eine Übung, um sich die eigenen Grenzen deutlich vor Augen zu führen. Probieren Sie sie mit Freundinnen und Freunden aus, bei denen Sie sich trauen, Nein zu sagen. In einem Raum stellen Sie und Ihr Gegenüber sich beide mit dem Rücken an gegenüberliegende Wände. Sie teilen vorher mit, dass Sie „Stopp“ sagen, wenn Ihnen der Abstand unangenehm, wenn es zu nah wird. Gehen Sie dann langsam aufeinander zu. Beide sollten wirklich langsam gehen, damit Sie die Möglichkeit haben, Ihre Grenze zu spüren und sie mitzuteilen. Sie werden ab einem bestimmten Schritt spüren, dass die Nähe nun ausreicht. Bei jedem weiteren Schritt würden Sie sich beengt fühlen. Spüren Sie diesen Punkt, dann sagen Sie laut und deutlich „Stopp“ oder „Halt“. Machen Sie diese Übung mit verschiedenen Personen. Sie werden merken, dass bei jeder Person der Abstand unterschiedlich ist. Das zeigt Ihnen und allen anderen, dass die Grenzen nicht nur bei jedem Menschen individuell sind, sondern auch, dass diese Grenzen gegenüber verschiedenen Personen variieren. Deswegen ist es wichtig, dass Sie jedem und jeder Ihre Grenzen nennen. Denn, wie Sie wissen: Persönliche Grenzen sind unsichtbar.

Viele Menschen sind davon überzeugt, besser ohne Grenzen durchs Leben zu kommen – bis der Körper und/oder die Psyche sich vehement melden, zum Beispiel in Form von Schmerzen, Krankheiten, Burn-out, Depression, und Grenzen einfordern. Körper und Psyche sind nur begrenzt belastbar.

Stellen Sie sich einen Bungalow mit Garten vor, der von einer halbhohen Hecke umgeben ist. Hier gibt es unterschiedliche Grenzen. Eine sehr durchlässige Grenze ist die Hecke. Sie zeigt deutlich, dass das ein fremdes Grundstück ist, das man nicht einfach so betreten sollte. Aber alle können über die Hecke schauen, ein Gespräch suchen und um Einlass bitten. Keine fremde Person käme jedoch auf die Idee, im Garten einfach den Rasen zu mähen oder Unkraut zu jäten. Eine dichte Grenze sind die Außenwände des Bungalows, sie trennen die Welt ab. Im Haus ist man für sich, aber auch hier ist die Verbindung nach außen nicht gekappt, Internet, Telefon, Klingel, Tür und Fenster sind Verbindungen nach außen. Erst wenn alles ausgestellt wird und die Rollos heruntergelassen werden, gibt man ein deutliches Zeichen. Wurden Sie schon mal als Egoist/Egoistin beschimpft, weil Sie sich in Ihre Wohnung zurückzogen? Fällt es Ihnen schwer, eine Person, die ungebeten Ihr Grundstück betritt, hinauszukomplimentieren? Vermutlich nicht. Einem Eindringling würden Sie wahrscheinlich auch keinen Kuchen oder Kekse anbieten? Sie würden sich vielmehr fragen, wie jemand so ungehobelt und frech sein kann, dass er/sie diese Grenzen überschreitet. Wenn Sie unterwegs sind, sieht man Ihre Grenzen nicht, ohne Haus, Tür und Hecke müssen Sie Ihre Grenzen deutlich kommunizieren.

Eigene Grenzen zu erkennen ist für viele eine große Herausforderung. Wer als Kind nicht lernte, sie bei sich wahrzunehmen oder aber wer sie strikt ignorierte, muss seine Grenzen erst kennenlernen. Dabei helfen Symptome des Körpers oder der Psyche. „Bis hierhin und nicht weiter“ kann eine bewusste oder unbewusste Entscheidung sein. Ist sie nicht bewusst, reagieren Sie mit Verspannungen, Wut, Ärger oder Aggressionen. Sollten Sie Grenzüberschreitungen nicht direkt bemerken, bietet der Blick zurück oftmals einen Anhaltspunkt – oder wenn Sie diese körperlichen Symptome entdecken. Fragen Sie sich, wo Sie Ihre Grenzen ignorierten oder aber vernachlässigten.

Hochsensible Menschen erkennen ihre Grenzen oftmals nicht, weil sie nicht nur die eigenen Gefühle, sondern auch die anderer Menschen empfinden und nicht immer zuordnen können, was sie gerade fühlen.

Aufgabe

Nehmen Sie Ihre Grenzen wahr. Notieren Sie, welche Aussagen, Handlungen, Verhaltensweisen anderer Menschen Ihnen zu weit gehen. In welchen Situationen haben Sie den Impuls, sich zu verteidigen oder zu rechtfertigen? Achten Sie auf verspätete Reaktionen. Beobachten Sie alle Bereiche Ihres Lebens: privat und beruflich.

Wann treten Ihre Grenzen besonders zutage? Gibt es bestimmte Personen, Situationen oder aber Eigenschaften, wie zum Beispiel Stress, Gereiztheit, Ungeduld, bei denen sich Ihre Grenzen zeigen oder bei denen sie sich verändern? Wie reagieren und empfinden Sie, wenn Ihre Grenzen überschritten werden? Sind Sie mit Ihrer Reaktion zufrieden oder welches Verhalten bzw. welche Reaktion würden Sie sich stattdessen wünschen?

Das Einfordern der eigenen Grenzen ist das eine, Ihre Reaktionen bei Nichtbeachtung darauf das andere. Grundsätzlich können Sie Ihre Grenzen wiederholen, unter Umständen auch erläutern, je nachdem, wie wichtig Ihnen Ihr Gegenüber ist. Aber behalten Sie im Auge, dass Sie den Kontakt zu besonders übergriffigen Menschen abbrechen können bzw. dürfen. Einem Einbrecher / einer Einbrecherin bieten Sie auch nicht das Du an, sondern Sie rufen die Polizei. Seien Sie bei Ihren persönlichen Grenzen genauso konsequent.

Die eigenen Grenzen einzufordern kostet oftmals große Überwindung, wenn man sie denn überhaupt erkennt. Es kann für andere Menschen unbequem bzw. unverständlich sein, wenn Sie Ihre Grenzen einfordern, auch ist es möglich, dass für andere ein (scheinbarer) Nachteil entsteht. Wie hoch die Hürden sind, hängt von den eigenen Einstellungen, Erfahrungen oder Gedanken ab, wie: „Ich werde abgelehnt“, „Ich bin schuld, wenn andere enttäuscht sind“, „Ich bin herzlos oder egoistisch“, „Ich verliere Job/Freundin/Partner“. Vermutlich widersprechen Sie den Erwartungen anderer, Sie könnten beschimpft werden oder jemand könnte gereizt reagieren.

Manche Menschen reagieren auf ein Nein, indem sie die Probleme, die Sie durch Ihre Abgrenzung bei ihnen hervorrufen, auf Sie übertragen und Ihnen Schuldgefühle einreden. Verdeutlichen Sie sich, dass hier jemand versucht, seine/ihre Gefühle auf Sie zu übertragen. Sagen Sie sich deutlich, dass jeder Mensch für seine eigenen Gefühle zuständig und verantwortlich ist. Andere reagieren auf ein Nein, indem sie versuchen, Sie mit Schmeicheleien zu ködern. Diese Menschen sagen Ihnen beispielsweise, dass nur Sie in der Lage sind, diese Aufgabe zu erledigen, und dass Sie deshalb Überstunden machen müssen. Es ist eine nettere Art, Sie zu manipulieren, aber es bleibt eine Manipulation. Geben Sie dem nach, öffnen Sie einer Grenzüberschreitung die Tür. Auf ein Nein reagieren manche auch mit Verbalattacken. „Sei nicht so zimperlich“, „Hab dich nicht so“ – mit solchen Bemerkungen stellen diese Menschen Ihre Grenze infrage und zeigen Ihnen, dass sie diese Grenze nicht respektieren oder nicht verstehen. Schauen Sie sich das genau an. Die anderen wollen Sie verunsichern, damit Sie der Grenzüberschreitung zustimmen.

Manche bringen bei einem Nein die Gruppenzugehörigkeit ins Spiel, der Sie Ihre persönlichen Grenzen unterordnen sollen. Sie schieben die Gruppenzugehörigkeit („Wir sind doch Freunde“, „Wir sind schließlich eine Familie“ usw.) vor, um ihre persönlichen Interessen durchzusetzen. Es handelt sich also wiederum um eine Manipulation auf Ihre Kosten.

Mit Ihren Ängsten schauen Sie zur anderen Person, aber wo bleibt der Blick zu sich selbst? Was haben Sie davon, wenn Sie sich aufreiben und bis zum Umfallen immer für andere da sind? Wollen Sie es erst bis zum Äußersten kommen lassen oder greifen Sie rechtzeitig ein und übernehmen Verantwortung für sich? Nur wer für sich selbst sorgt, kann für andere sorgen. Was hilft es beispielsweise Ihrer Chefin, wenn Sie ausgebrannt sind und wochen- oder monatelang krankgeschrieben werden? Sorgen Sie für sich, seien Sie für andere Personen Vorbild. Besonders für Kinder.

Grenzen sind besonders für hochsensible Menschen wichtig. Die Beeinflussung von außen und eine gefühlte oder tatsächlich existierende geringere Belastbarkeit empfinden sie diesbezüglich als Hindernis, besonders wenn es um die Verwirklichung der eigenen Ziele und um ein selbstbestimmtes Leben geht. Aufgrund ihrer Sensibilität oder der eigenen Erfahrungen trauen sie den eigenen Gefühlen und Emotionen nicht (mehr). Dahinter steckt eine Überforderung durch Überlastung, sodass sie nicht in der Lage sind, ihre Grenzen zu benennen, geschweige denn einzufordern, oder die Angst vor Ausgrenzung oder anderen negativen Reaktionen. Wenn durch das Setzen und Einfordern von Grenzen Konflikte entstehen, es zu erhitzten Diskussionen kommt, ist das eine Belastung. Gerade dann, wenn hochsensible Menschen nicht nur die eigenen Gefühle, sondern auch die der anderen wahrnehmen. Als Konsequenz fordern sie dann vielleicht ihre eigenen Grenzen nicht ein, was die Situation jedoch nur scheinbar entlastet oder entschärft.

Alle Menschen, besonders Hochsensible und Hochbegabte, brauchen Zeiten, in denen sie ihre Aufmerksamkeit auf etwas bzw. jemand wirklich Wichtiges richten: auf sich selbst. Sichern Sie sich diese Zeiten zum Beispiel, indem Sie feste Termine nur für sich reservieren. Niemand und nichts darf Sie stören. Machen Sie auch keine Ausnahmen! Nur dann nehmen Sie sich eine Auszeit vom Alltag, von seinen Anforderungen, Entscheidungen und Herausforderungen. Suchen Sie sich einen abgegrenzten Raum, einen Nachmittag für sich allein, um die Auszeit selbstbestimmt zu nutzen und Ihre Akkus wieder aufzuladen. Egal, wie Ihre Abgrenzung aussieht – tun Sie es!

Grenzen sind bei jedem Menschen unterschiedlich, sodass Sie in den seltensten Fällen die Grenzen des anderen kennen. Also ist es logisch, dass wir von unseren eigenen Grenzen ausgehen und die Grenzen von anderen unabsichtlich übertreten. Außer es wird uns gesagt, wo die jeweiligen Grenzen liegen. Wenn Sie den anderen nicht sagen, wo Ihre Grenzen sind, werden diese Ihre Grenzen weiterhin überschreiten.

Übernehmen Sie die Verantwortung für sich und trauen Sie sich und Ihren Gefühlen. Das, was Sie als Grenze empfinden, ist Ihre Grenze. Sie brauchen nicht erst eine Statistik aufzustellen, um herauszufinden, wie viele Menschen eine ähnliche Grenze besitzen. Respektieren Sie Ihre Grenzen! Wenn Sie das tun, werden es auch die anderen tun. Setzen Sie Ihre Grenzen authentisch und Sie werden merken, dass viele Ängste vor den Reaktionen anderer unbegründet waren. Bedenken Sie aber auch, dass nicht nur Sie lernen müssen, Ihre Grenzen einzufordern, sondern dass auch Ihr Umfeld lernen muss, damit umzugehen.

Aufgabe

Üben Sie es, Grenzen zu setzen. Nehmen Sie sich eine Grenze nach der anderen vor. Versuchen Sie diese freundlich, aber bestimmt vorzutragen. Wie fühlt es sich an? Was ist anders? Was klappt, was nicht? Was können Sie ändern, damit es beim nächsten Mal Ihren Ansprüchen genügt? Wenn andere Ihnen Fragen stellen, die Sie nicht sofort beantworten können, verzögern Sie Ihre Antworten, um Zeit zu gewinnen. Überlegen Sie sich Sätze, mit denen Sie Zeit gewinnen. Wiederholen Sie Ihre Grenzen anfangs öfter, immerhin sind sie für Sie und Ihr Umfeld Neuland. Reflektieren Sie, wie Sie und Ihr Umfeld reagieren.

Wer seine Grenzen zu massiv oder zu hoch baut, um sich vor allem zu schützen, distanziert sich und wird unter Umständen einsam. Zu hohe Grenzen verhindern die Arbeit an sich selbst. Wer zum Beispiel kein Selbstvertrauen hat, erhöht und verstärkt seine Grenzen, um nicht verletzt zu werden. Arbeiten Sie besser an der Stärkung Ihres Selbstvertrauens, statt die Mauern zu erhöhen. Wer seine Grenzen bewusst und in Absprache mit sich selbst einsetzt und regelmäßig überprüft, macht nichts falsch. Sie arbeiten an sich und verändern Ihre Grenzen.

Ein einmal ausgesprochenes Nein können Sie jederzeit überdenken und an die aktuelle Situation anpassen. Gerade wenn Sie sich in Ihrem Entwicklungsprozess befinden, verschieben sich Ihre Grenzen. Hinterfragen Sie regelmäßig, ob Ihre Grenzen noch stimmig sind. Reflektieren Sie sich und leben Sie bewusst, dann fällt Ihnen auf, was sich ändert. Reagieren Sie entsprechend.

Aufgabe

Schauen Sie sich Ihre Grenzen an und analysieren Sie, ob diese Grenzen notwendig sind oder deshalb existieren, weil Sie zum Beispiel ein mangelndes Selbstwertgefühl besitzen. Welche Vorteile bringen Ihnen die Grenzen? Wovor schützen die Grenzen Sie? Welche Eigenschaft würde diese Grenzen überflüssig machen? Welche Nachteile entstehen Ihnen durch die Grenzen? Auf was verzichten Sie? Was unterbinden die von Ihnen gesetzten Grenzen?

Grenzüberschreitungen durch andere führen zu einer diffusen Unsicherheit und lösen Angst aus. Unsicherheit und Ängste können sich manifestieren und zu körperlichen und psychischen Schäden führen. Erlebten Sie bereits extreme Grenzüberschreitungen, indem Ihre Interessen nicht wahrgenommen und Sie vielleicht in die Enge getrieben wurden?

Genauso wichtig wie der Blick auf die eigenen Grenzen ist der auf die Grenzen anderer Personen. Mitunter nimmt man die Grenzen von anderen Menschen nicht wahr. Erkennt man diese Grenzen nicht oder das Gegenüber fordert sie nicht ein, kommt es zu Konflikten und Problemen. Manchmal übergeht man die Grenzen anderer Menschen aber auch bewusst, zum Beispiel mit der Absicht, dem anderen „etwas Gutes zu tun“. Egal, mit welcher Motivation Sie die Grenzen anderer überschreiten, es bleibt eine Grenzüberschreitung. Sie lehnen es ab, wenn andere Ihre Grenzen überschreiten, fühlen sich übergangen oder verletzt und werden unter Umständen sogar krank. Wenn Sie die Grenzen Ihres Gegenübers überschreiten, wird das bei ihm/ihr ähnliche Reaktionen hervorrufen.

Aufgabe

Achten Sie ganz bewusst auf die Grenzen anderer Menschen. Sei es auf ausgesprochene oder auf solche, die Sie ohne Worte wahrnehmen. Sie können die andere Person auch fragen, ob sie die Grenze so wünscht. Versuchen Sie sich zu sensibilisieren. Je mehr Sie auf die Grenzen anderer Personen achten, umso leichter fällt es Ihnen, Ihre eigenen Grenzen zu setzen und durchzusetzen.

Kommunizieren Sie Ihre Grenzen. Teilen Sie sie mit, fordern Sie deren Einhaltung ein, sagen Sie Nein bzw. was Sie möchten und was nicht, was Sie ablehnen und was andere unterlassen sollen.

Wenn Ihnen etwas nicht gefällt, dann ändern Sie sich und nicht die anderen. Grenzen, seien es die eigenen oder fremde, haben immer mit dem Menschen zu tun und sind, wie sie sind. Nehmen Sie die Grenzen an. Respektieren Sie Ihre Grenzen genauso wie die der anderen. Grenzen existieren und sind persönlich. Sie sind weder schlecht noch gut, sie sind einfach nur. Widerstehen Sie dem Impuls, sich für eigene Grenzen zu entschuldigen oder zu rechtfertigen. Zeigen Sie, dass Sie zu sich stehen. Rechtfertigen Sie sich, so lassen Sie die Tür einen Spalt weit offen und geben den anderen die Möglichkeit, die Tür wieder zu öffnen. Schauen Sie in diesem Fall nicht auf Ihr Gegenüber, sondern auf sich und fragen Sie sich, warum Sie die Tür nicht sofort richtig geschlossen haben. Ihre Wohnungstür lassen Sie doch auch nicht über Nacht offen stehen?

Jeder Mensch testet die Grenzen der anderen. Jeder Mensch probiert, wie weit er gehen kann und ab wann ein Widerstand zu spüren ist. Das ist menschlich und normal. Was passiert, wenn Sie einer Person, die zum ersten Mal Ihre Grenzen austestet, klar und deutlich Nein sagen? Dann weiß sie sofort, woran sie bei Ihnen ist. Was nichts daran ändert, dass Grenzen ständig weiter getestet oder verändert werden. Wenn Sie bei Ihrem Nein bleiben, kennen die anderen Ihre Grenze. Ziehen Sie aber die Grenze anfangs nicht oder weichen sie später auf, werden die anderen ständig weiter testen. Denn eine einmal verschobene Grenze lässt sich sicher auch weiter verschieben. Es ist ein Spiel – das viele Verlierer hat, wenn keine klare Grenze gezogen wird.

Aufgabe

Können Sie manche Grenzen gut und konsequent äußern, aber bei anderen hapert es gewaltig? Oder liegt es an den Menschen, an der Art der Beziehung, ob und wie Sie Ihre Grenzen mitteilen können? Sollten sich Situationen ähneln, schauen Sie sich diese genau an. Welches Muster erkennen Sie? Und vor allem, was würden Sie einem anderen Menschen raten, der in einer ähnlichen Situation ist wie Sie? Welche Möglichkeiten sehen Sie für sich, etwas zu ändern?

Verdeutlichen Sie sich, dass Grenzüberschreitungen nicht gegen Sie als Person gerichtet sind. Ebenso ist es nicht gegen andere Personen gerichtet, wenn Sie Ihre Grenzen nennen und wahren. Sie sagen damit nicht: „Ich mag dich nicht“, sondern lediglich: „Bitte unterlass dies oder jenes.“ Sie äußern die Grenze bei einem Verhalten oder einer Handlung. Sagen Sie nett, aber bestimmt, was Ihnen nicht guttut und was der oder die andere bitte unterlassen soll. Probieren Sie sich aus, versuchen Sie, das richtige Maß zu finden, es kann sein, dass Sie nicht sofort den richtigen Ton treffen. Überlegen Sie hinterher, wie Sie etwas anders formulieren können, damit es freundlich, aber bestimmt rüberkommt. Das ist eine reine Übungssache. Bleiben Sie bewusst und reflektieren Sie sich, dann werden Sie spüren, was Sie beim nächsten Mal anders machen möchten. Das ist ein Prozess, geben Sie sich Zeit, es zu erlernen, bis Sie mit sich zufrieden sind.

 

Abriss

Es liegt in Ihrer Verantwortung, Ihre Grenzen zu erkennen, zu schützen und zu kommunizieren. Jeder Mensch hat unterschiedliche Grenzen. Werden Ihre Grenzen überschritten, schauen Sie auf sich, ob Sie sie entsprechend kommunizierten.


Dieses Kapitel ist aus dem Ratgeber “Hochbegabt oder hochsensibel – Das Anderssein leben” eine Anleitung zum Selbstcoaching für mehr Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen und Selbstliebe.

Eure, Manon García

2 Replies to “5.1 Grenzen setzen”

  1. Hallo Manon,

    ich würde dein Buch sehr gerne lesen, leider fehlt mir die Zeit aus familiären und beruflichen Gründen.
    Allerdings fahre ich beruflich bedingt viel Auto und habe dort die Zeit interessante Hörbücher zu hören.
    Dies geht bestimmt anderen Interessenten ähnlich. daher mein Vorschlag und meine Hoffnung, dass ich dein Buch bald bei Audible finde.

    Viele Grüße aus Hannover
    Michael

    • Hallo Michael,

      es freut mich, dass dich mein Buch interessiert. Aber ob es zeitnah mit einem Hörbuch klappt? Auf alle Fälle hast du mich auf eine Idee gebracht. Werde mich nun mal informieren. In der Zwischenzeit hoffe ich für dich, dass du dir doch mal eine Auszeit gönnst und Zeit hast schöne Dinge zu machen. Wie, mein Buch lesen. 😉

      Viele Grüße
      Manon

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*